* 25. August 1891
† 5. Mai 1952
von Joachim Noller
Essay
Während Savinios literarische Werke in viele Sprachen, auch ins Deutsche übersetzt wurden und seine Malerei, zwar in geringerem Maße, zumindest dokumentiert ist, fällt es der Musikwissenschaft bis heute schwer, seine musikalisch-kompositorische Leistung einzuschätzen. Alle Kompositionen, die bis zum Münchner Konzert 1911 entstanden, sind verschollen. Und als Savinio 1952 starb, fühlte sich kein Verleger seinem Gesamtwerk verbunden: 1915 hatte die New Yorker Zeitschrift 291 (Nr. 2) ein Stück der Chants étranges für Gesang und Klavier (1914/15) publiziert und 1950 Ricordi den Klavierauszug von Vita dell'uomo (1948) herausgegeben (2005 wurde auf Anfrage ein Leihexemplar hergestellt). 1980/81 erschienen Werke aus der Pariser Zeit in zwei Notenbänden bei Suvini Zerboni: die Klaviersuite von Les chants de la mi-mort (1914) sowie unter dem Titel Album 1914 eine Auswahl aus den Chants étranges. Den Herausgebern Antonio Ballista und (verantwortlich) Luigi Rognoni gebührt das Verdienst, Partituren Savinios an die Öffentlichkeit gebracht zu haben; freilich waren sie dabei keiner kritischen Philologie verpflichtet.
Wer die Originalmanuskripte im Gabinetto Viesseux in Florenz studiert, sieht sich vor ungewöhnliche Probleme gestellt (siehe De Santis 2000a): Savinio hat Teile seiner Pariser Werke, die bis 1915 entstanden sind, später bearbeitet und in ...